100 Jahre Musikverein Nienborg 1924 e.V. – das ist auch 100 Jahre Geschichte. Kontinuität und Tradition, Wandel und Modernisierung verbergen sich hinter der Jubiläumszahl. Gegründet in der Weimarer Republik, überlebt in der düsteren Zeit des Nationalsozialismus, gereift in der alten Bundesrepublik und bestehend über die Jahrtausendwende. Aus ganz bescheidenen Anfängen entstand ein Verein, der sich im Laufe seines Bestzehens zu einem jung gebliebenen, leistungsstarken Musikensemble entwickelt hat. Was wäre Nienborg ohne seinen Musikverein? Gerade der Musikverein trägt dazu bei, dass „Nienborg … ein Dorf zum Wohlfühlen“ ist, wie es auf den Ortseingangstafeln steht.
Damit auch spätere Generationen einen Blick in die Geschichte des Vereins werfen können, leisten Chronist Albert Bömer und Archivar Jan Olthoff-Hoge sehr viel Arbeit. Zum 75-jährigen Jubiläum erstellte Albert Bömer eine Festschrift. „Damals lebten noch einige Musiker aus den Anfangsjahren, die mir viel erzählen konnten. Alles durfte ich nicht veröffentlichen, was sie mir erzählt“, denkt er rückblickend mit Freude auf die vielen schönen Gespräche zurück. Die Inspiration zu dem Buch bekam er von Willi Loske, der den Verein mehr als 30 Jahre als erster Vositzender führte. Der ehemalige Ehrenvorsitzende verstarb im vergangenen Jahr.
Im Archiv des Vereins befinden sich zahlreiche alte originale Schriftstücke, so auch das Protokoll der Gründungsversammlung vom 7. September 1924 in der alten Schule auf der Burg, verfasst vom damaligen Schriftführer und Kassierer August Benkhoff. „Der Gründungstag war der Schutzengelsonntag. Das war ein gutes Omen für unseren Verein“, berichtet Albert Bömer. 16 junge Männer gehörten als aktive Musiker zur ersten Stunde des Vereins. Heinrich Lammers übernahm das Amt des 1. Vorsitzenden und Hermann Hugendroht sen., Hauptlehrer der Nienborger Volksschule, die musikalische Leitung. Unterstützt wurde er von seinem Sohn Hermann Hugenroth junior. „Bei der Durchsicht der zahlreichen Fotoalben und Aktenordnern werden Erinnerungen wach. Daran wird deutlich, wie lebhaft der Verein ist“, ist Albert Bömer und Jan Olthoff-Hoge die Freude bei ihrer akribischen Arbeit deutlich anzumerken.
Die größte Schwierigkeit bestand anfangs in der Beschaffung von Instrumenten. Diese trafen Ende Januar 1925 und kamen kurz darauf beim ersten offiziellen Auftritt zum Einsatz, der Einweihung des Kriegerehrenmals an der Hauptstraße vor der Dinkel. Ein Jahr später spielte das Orchester erstmalig beim Schützenfest in Nienborg. Als Unformenersatz bekamen die Musiker im Jahr 1927 eine einheitliche Mützenordnung. In dem Jahr beteiligte sich der Verein erstmalig an der Prozession nach Kevelaer. Ende des Jahres 1929 gab es das erste gemeinsame Konzert mit dem Nienborger Kirchenchor. Im Folgejahr wurde erstmalig die Rolinck-Brauerei in Burgsteinfurt besichtigt. Während des 2. Weltkrieges kam das Vereinsleben zum Erliegen. Nach Kriegsende begann der Neubeginng des Vereins. Hermann Hugenroth senior gelang es, eine spielfähige Mannschaft aufzustellen. Als erstes stand die Wallfahrt nach Kevelaer im August 1945 auf dem Programm. Um zu etwas Geld zu kommen, spielte der Musikverein in den Bauerschaften für Butter und Speck. Durch die Währungsreform ging im Juni 1948 das komplette Barvermögen des Vereins verloren. Sodann griffen die Verantwortlichen auf altbewährte Einnahmemethoden zurück. Es wurden Theaterstücke aufgeführt und unter anderem Glühbirnen verkauft. Private Unterrichtsstunden bei Hermann Hugenroth wurden mit Eier und Brot bezahlt. Im Jahr 1949 feierte der Verein sein silbernes Jubiläum. Die musikalische Leitung hatte Lehrer Franz Schwering inne. Beim Fest spielt die Wexter Tanzkapelle zum Tanz. Diese und zahlreiche weitere lesenswerte Informationen gibt es im Archiv auf der Webseite des Vereins, das von Jan Olthoff-Hoge fortgeschrieben und gepflegt wird.
Zur Arbeit der beiden Musiker gehört auch die Pflege einer Übersicht aller aktiven Musiker mit Datum des Eintritts und Austritts und dem Instrument. Seit der Vereinsgründung traten 225 aktive Musikerinnen und Musiker dem Verein bei. Im Jubiläumsjahr sind es 70. Hinzu kommen sechs Nachwuchsmusiker aus dem Jugendorchester, die nach der offiziellen Aufnahme im Orchester bei der Generalversammlung im kommenden Jahr auch in die Übersichtsliste aufgenommen werden. Bereits seit 68 Jahren gehört Werner Böhm mit seinem Bariton dem Orchester an. Mitte der 70er Jahre leitete er als 1. Vorsitzender die Geschicke des Vereins.
In den Alben befinden sich zahlreiche Bilder zu unzähligen Konzerten, Auftritten, Jubiläumsfesten und interne Veranstaltungen des Vereins wie Weihnachtsfeiern oder interne Schützenfeste. Glänzende Augen bekommen die beiden Musiker beim Anblick der Bilder von der Teilnahme des Orchesters an der Steubenparade in New York vor zehn Jahren. „Das ist unser bisheriges absolutes Highlight“ schwelgen sie in Erinnerungen. Mit den Feierlichkeiten zum 100-jährigen Bestehen am 31. August und 1. September 2024 schlägt der Musikverein ein neues Kapitel auf, das von Albert Bömer und Jan Olthoff-Hoge für die Nachwelt gebührend festgehalten wird.